Anonymes Suchen in Netz

Mit diesen alternativen Suchmaschinen suchst du (fast) so bequem und schnell wie auf Google oder Bing, nur viel diskreter.

@VinzenzStauner, 06.01.2022

Anonymes Suchen im Netz

Wer kennt das nicht: schon ein paar Sekunden, nachdem man bei Google nach einem bestimmten Begriff gesucht hat, werden auf nachfolgenden Seiten sehr prominent passende Produkte zum vorher geuchten Begriff angepriesen. Ermöglicht wird das durch ausgefeilte Tracking-Technologien der großen Plattformen wie Google, Amazon, Facebook & Co.

Die genannten Tracker nutzen u.a. Cookies auf dem eigenen Computer, um ausführlich Daten, z.B. zu besuchten Seiten, Clickverhalten auf der Seite, Verweildauer etc. zu sammeln. Die vielen einzelnen Daten werden über bestimmte IDs in den Cookies einem einzelnen Nutzer zugeordnet und in einen zeitlichen Zusammenhang gebracht. Loggt man sich dann auch noch im Browser in sein Google-Konto ein, ist eine direkte persönliche Zuordnung möglich. Auch ohne ein Konto lassen sich nicht nur Interessen, sondern erschreckend treffende Informationen zu Alter, Geschlecht, EInkommensklasse, psysicher Zustand und politische sowie sexuelle Orientierung ableiten. Wer sich ein umfassendes Bild zu den Ausmaßen des Datensammelns machen möchte, dem sei die Netflix-Doku Das Dilemma mit den sozialen Medien ans Herz gelegt.

Das Gefährliche ist dabei: Suchmaschinen verwenden diese Daten nicht nur dazu, passende Werbung anzuzeigen, sondern auch die Suchergebnisse dem Profil so passend wie möglich anzupassen. Daher wird verschiedenen Nutzer*innen unterschiedliche Ergebnisse angezeigt. Fatal ist das z.B., wenn je nach Region, Sprache und politischer Einstellung ein Suchergebnis wie "US Wahl 2020" statt mit "Ergebnis" oder "Kandidaten" mit "ist gestohlen" vervollständigt wird.

Dass es auch anders geht, zeigen verschiedene Anbieter von auf Privatsphäre zugeschnittene Suchmaschinen. Sie finanzieren sich wie die großen Platzhirsche über Werbung, verwenden dazu aber keine personenbezogenen Daten, sondern nur die Suchbegriffe selbst. Auch zeigen sie allen Nutzenden dieselben Suchergebnisse an. Nachfolgend findest du die verbreitetsen alternativne Suchmaschinen sowie einen kurzen Testbericht zu den Schwerpunkten Qualität der Suchergebnisse, Privatsphäre und angebotene Dienste.

Signal, Threema & Co: Digitalisierung geht auch ohne gläserne User! Hier findest du eine Übersicht zu Tools und Apps, die deine Privatsphäre achten und trotzdem bequem zu nutzen sind.

DuchDuckGo

Das 2008 gegründete Unternehmen DuckDuckGo mit Sitz in den USA gilt als Veteran der Privatsphäre-achtenden Suchmaschinen.

Duck Duck Go Privacy-Suchmaschine

Oberfläche der Privacy-Suchmaschine DuckDuckGo

Die Suchmaschine nutzt nach eigenen Angaben über 400 Datenbanken für die Suche. U.a. greift sie auf den Index von Bing zurück, jedoch in anonymisierter Form. Die Suchergebnisse werden in übersichtlichter Form dargestellt, Werbeanzeigen sind unaauffällig aber deutlich als Solche gekennzeichnet. Mit einer EInstellungsleiste unterhalb des Suchfeldes lassen sich Einstellungen zum Ort der Suche (z.B. Deutschland), Safe Search Filter und weitere Einstellungen wie z.B. Sprache, Nachladeverhalten, Themes und Datenschutz vornehmen. Praktischerweise lassen sich in den Einstellungen auch Werbeanzeigen komplett deaktivieren.

Die benutzerspezifischen Einstellungen lassen sich entweder anonym in einer Cloud mit einer Passphrase geschützt speichern, oder, was mir besonders gut gefallen hat, als individuellen Link als Bookmark. DuckDuckGo verwendet dazu URL-Parameter, um die EInstellungen für den Seitenbesuch beim Aufrufen der Seite zu übernehmen. Somit müssen keinerlei Profile angelegt werden. Datenschutz-technisch einfach Klasse!

Nach dem Motto It\'s time to take back your privacy bietet DuckDuckGo nicht nur eine Suchmaschine, die nach eigenen Angaben keine persönlichen Daten speichert, sondern auch einen eigenen mobilen Browser für Android und iOS mit Anti-Tracking-Technologien und einem Feuer-Modus, welcher sämtliche Daten der Browser-History (inkl. Cookies und Cache) löscht.

Für Desktop-Browser wie Edge, Chrome, Firefox und Co bietet DuckDuckGo ein Privacy Essentials genanntes Plug-In, das Websites dazu zwingt, nur verschlüsselte Verbindungen zum User zu nutzen (allerdings lassen sich damit natürlich nicht sämtliche Verbinden zu Drittservern beeinflussen). Das Plug-In zeigt außerdem an, wie gut die Privatsphäre-Praktiken von bekannten Seiten (u.a. Google, siehe im Bild unten links) ist und wieviele Tracker blockiert wurden (siehe rechts im Bild).

Privacy Essentials Toolkit von DuckDuckGo

Warnungen des Privacy Essentials Tools von DuckDuckGo bei Trackern und fragwürdigen Datenschutzpraktiken der besuchten Websites

Als einziges Manko muss erwähnt werden, dass DuckDuckGo als US-amerikanischer Anbieter nicht den strengen europäischen Datenschutzrichtlinien unterliegt. Darüber hinaus werden Suchbegriffe in anonymer Form zur Verbesserung der Dienste gespeichert, allerdings ohne Zuordnung zu einer IP-Adresse, sodass keine Rückschlüsse auf einzelne Sitzungen bzw. User geszogen werden können. Auch schreibt DuckDuckGO in der Datenschutz-Richtlinie, dass es Affiliate-Programme von eCommerce-Plattformen nutzt, um die Werbeanzeigen auf ein Minimum zu reduzieren. Nach eigenen Angaben werden dadurch aber Daten nur in anonymisierter Form an die Plattformen weitergegeben und nicht auf dem eigenen Server gespeichert.

Qwant

der französische Anbieter Qwant greift ebenfalls zum Großteil auf den Index von Bing zurück. Laut der Unternehmens-Website wird der Datenschutz sowie die Neutralität und Unparteilichkeit der Suchergebnisse stark betont. Als europäischer Anbieter ist Qwant zudem zu 100% den europäischen strengen Datenschutzgesetzen unterworfen.

Oberfläche von Qwant

Oberfläche der Privacy-Suchmaschine Qwant

Die Qualität der Suchergebnisse ist durch die Verwendung des Bing-Index ähnlich wie bei DuckDuckGo, allerdings fällt auf, dass nicht so viele Suchergebnisse wie bei besagtem Konkurrenten angezeigt werden. Für kartenbezogene Suchergebnisse verwendet Qwant Kartenmaterial von Open Street Map.

Musikliebhabende kommen bei der gut gelungenden und selbst entwickelten Musiksuchmaschine Qwant Music auf ihre Kosten. Hier lässt es sich nicht nur durch Musikgenre und deren neueste Bands und TItel stöbern, sondern auch nach Bands und Alben. Gibt man beispielweise Feine Sahne Fischfilet ein, so erhält man gleich übersichtlich eine Kurzinfo zur Band sowie alle Alben und deren Veröffentlichungsjahr dargestellt (siehe Bild 3). Klickt man auf ein Album, lassen sich alle Lieder anzeigen, mit Daten von iTunes oder Youtoube probehören sowie über die Online-Plattform Qorbuz kaufen. Besonders gut hat mir gefallen, dass man sich im selben Menü auch die Liedtexte direkt anzeigen lassen kann. Es ist also alles was das Musikliebhaber*innen-Herz begehrt nur 1 Klick entfernt.

Qwant Music

Oberfläche der Musik-Suchmaschine Qwant Music, Beispiel anhand der Punkrock-Band Feine Sahne Fischfilet

Wer möchte, kann bei Qwant ein Nutzerkonto anlegen, um nach eigenen Angaben persönliche Einstellungen und Notizen zu speichern. Das wird aber zur Zeit nicht empfohlen, da das Konto zu Redaktionsschluss keine sichtbaren Vorteile bot (u.a. die Notizenfunktion war auf der Seite nicht auffindbar). Auch wird die Kontofunktion ab dem 23.03.21 grundsätzlich vorübergehend deaktiviert, um Wartungsarbeiten durchzuführen.

Ein Blick in die Datenschutzerklärt verrät, dass Qwant wie versprochen keine personenbezogen Daten speichert. Die Suchanfragen werden pseudonymisiert 7 Tage lang zusammen mit einem Hash aus der IP-Adresse und des User Agents. Die IP-Adresse selbst wird daher nicht im Klartext gespeichert. Es lassen sich damit dennoch ungewöhnliche Zugriffe damit erkennen, z.B. um Spam oder DOS-Attacken zu begegnen. Nach der 7-Tages-Frist speichert Qwant die Anfrage zu statistischen Zwecken (jetzt ohne die pseudonymisierte IP-Adresse) bis zu 12 Monate.

Ähnlich wie bei DuckDuckGo müssen zum Einbinden der Bing-Surchergebnisse auch Daten an Mircrosoft übertragen werden. Dabei handelt es sich um die oben erwähnten pseudonymisierten Daten sowie um Angaben zur Sprache, geografischer Region und weiterer technisch notwendigen Angaben. Einzig die Übermittlung der ersten 3 Bytes der IP-Adresse im Klartext sticht aus diesen Daten heraus. Offen bleibt, ob diese Übertragung bei allen Suchmaschinen passiert, die Bing als Index nutzen.

Startpage.com

der niederländische Anbieter Startpage.com verwendet ander als die vorgenannten Suchmaschinen den Index von Google. Die Anfragen werden vor dem Weiterleiten an Google jedoch komplett anonymisiert. IP-Adressen werden grundsätzlich nicht gespeichert. Die Seite wirbt damit, in einem Test von Stiftung Warentest als die diskreteste Suchmachine der Welt bezeichnet worden zu sein. Durch den Unternehmenssitz in der EU und die strengen eurpopäischen Datenschutzgesetze wird ein hoher Schutz persönlicher Daten versprochen, sollten sie überhaupt anfallen.

Oberfläche von Startpage.com

Die niederländische Privacy-Suchmaschine Startpage.com greift auf den Index von Google in anonymisierter Form zu

Persönliche Einstellungen lassen sich entweder per Cookie oder individualisiertem Link speichern. Beispielsweise lässtsich für die Benutzeroberfläche ein Dark Mode einstellen. Auch lässt sich vorgeben, ob die Anfragen nur über EU-Server laufen sollen. Die Qualität der Suchergebnisse ist durch die Verwendung des Google-Index gut, die Seite macht einen aufgeräumten Eindruck.

Einzig zum Schutz vor Spam werden im Bedarfsfall IP-Adressen sowie andere Meta-Daten wie Browser, Sprache und Betriebssystem (User Agent-Daten) aufgezeichnet, wenn ungewöhnliche Suchanfragen (z.B. sehr viele Suchanfragen in kürzester Zeit) registriert werden.

Fazit

Für die Kernfunktion einer Suchmaschine hat mich Startpage.com insgesamt am ehesten Überzeugt: die Qualität der Suchergebnisse ist durch die Verwendung von Google als Index gut, das Datenschutzkonzept ist lückenlos und durch den Standort in der EU bleiben die Daten gut geschützt. Wer etwas mehr zusätzliche Funktionen sucht, ist bei Qwant gut aufgehoben, welches ebenfalls ein EU-Unternehmen ist. Hier hat mich die selbstentwickelte Musiksuchmaschine Qwant Music positiv überrascht. DuckDuckGo als alter Hase unter den Privacy-Suchmaschinen ist insgesamt eine solide Suchmaschine, bietet jedoch datenschutztechnisch etwas weniger Schutz als seine EU-Konkurrenten. Allerdings bietet DuckDuckGo mit dem Privacy-Browser und den Privacy-Plugins nützliche Tools, um insgesamt weniger Daten über sich preiszugeben.

Tags

#Suchmaschinen #Datenschutz #DuckDuckGo #Qwant #Startpage.com

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